Pharmakologische Schmerztherapie

Der chronische Schmerz in der Zahnarztpraxis

von Hardy Gaus

Zusammenfassung: Die pharmakologische Schmerztherapie gilt wohl mit als das wichtigste Element einer multimodalen Schmerztherapie. Während der Humanmediziner auf Grund seiner Ausbildung grundlegende und zum Teil umfassende Kenntnisse über das breite Spektrum der medikamentösen Schmerztherapie besitzt, hat der Zahnarzt in aller Regel nur unzureichende Kenntnisse auf diesem Fachgebiet. Der vorliegende Artikel soll dazu beitragen, über die hervorragenden Möglichkeiten des differenzierten Einsatzes von Analgetika und Co-Analgetika in der Zahnarztpraxis aufzuklären. Dabei werden zum Teil auch die Mechanismen der Schmerzleitung, Schmerzverarbeitung und Schmerzhemmung auf biomolekularer Ebene erläutert.

Karies, Parodontopathien und kraniomandibuläre Dysregulationen (CMD) sind die Hauptindikationen, mit denen sich der Zahnarzt in seiner täglichen Praxis beschäftigen muss. Schmerzen gelten dabei als mögliche symptomatische Begleiterscheinung und werden im Rahmen der zahnärztlichen Behandlung dementsprechend mit therapiert. Der chronifizierte Schmerz als eigenständige Erkrankung und häufig ohne erkennbare Ursache führt dagegen im Bereich der Zahn-. Mund- und Kieferheilkunde ein Schattendasein, leider auch in der universitären und postuniversitären Ausbildung. Auf Grund fehlender Kenntnisse auf dem Gebiet der Schmerzdiagnostik und -therapie kommt es deshalb in den Zahnarztpraxen sehr häufig zu frustranen Therapieversuchen, an deren Ende nicht selten die Extraktion vermeintlich schuldiger Zähne steht, ohne dass sich an den Schmerzen etwas ändert. Eine frühzeitige und kompetente Therapie chronischer Schmerzzustände könnte hier den betroffenen Patienten viel Leid und oftmals unnötige Kosten durch Zahnersatz Neuversorgungen ersparen.
Einziger Ausweg aus dieser Misere ist eine fundierte Zusatzausbildung in spezieller Schmerztherapie, wie sie zum Beispiel die Deutsche Akademie für Ganzheitliche Schmerztherapie e.V. für Zahnärzte anbietet.

Bereits die ausführliche Anamnese unter Verwendung eines eigens für den Bereich der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde entwickelten Schmerzfragebogens lässt erste Schlüsse auf den Chronifizierungsgrad, die Schmerzstärke und mögliche ursächliche Zusammenhänge zu. So können zum Beispiel brennende, stechende, helle Schmerzqualitäten ein erster Hinweis auf einen neuropathischen Schmerz mit möglicher Mitbeteiligung des Sympathikus sein. Evozierte Schmerzen, die durch ursprünglich nicht schmerzhafte Reize ausgelöst werden (Allodynie) oder die Schilderung reizinadäquater intensivster Schmerzantworten auf primär schwache Schmerzreize (Hyperalgesie) können ein weiterer Hinweis auf neuropathische Schmerzen sein. Attackenartig einschießende, auch durch noch so geringe äußere Reize auslösbare heftigste Schmerzen mit schmerzfreien Intervallen lassen eine Neuralgie vermuten. In diesen Fällen weisen die Nervenleitbahnen selbst häufig Veränderungen auf molekular-biologischer Ebene auf (diabetische Neuropathien, Neuralgien). Eine Beteiligung des nozizeptiven Systems in der Peripherie fehlt oft ganz. Damit sind die hemmenden Impulse von schmerzstillenden Mitteln aus der Gruppe der nichtsteoridalen Anirheumatika (NSAR, zum Beispiel Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Metamizol, Dicolfenac) mit ihrem Hauptansatz im Bereich der Schmerzweiterleitung innerhalb des nozizeptiven Systems fast immer wirkungslos.

In der anschließenden Diagnostik muss genau festgestellt werden, ob es eine Ursache für das Auftreten der Schmerzen gibt. In diesen Fällen ist eine auf das kausale Geschehen ausgerichtete Therapie unumgänglich. Eine enge Zusammenarbeit mit Kollegen aus anderen Fachbereichen (insbesondere HNO, Orthopädie, Neurologie, Schmerztherapeut) ist hier dringend erforderlich. Die gleichzeitig notwendige begleitende suffiziente Schmerztherapie dient einerseits zur Minderung des Leidensdrucks beim Patienten, andererseits soll sie möglichen Chronifizierungsprozessen mit allen ihren negativen sozialen Folgen und der Ausbildung eines Schmerzgedächtnisses vorgebeugt werden.
Bei Schmerzzuständen im Bereich des orofazialen Systems ohne erkennbare Ursache (idiopathische Neuralgien, atypische Zahn-, Kiefer- und Gesichtsschmerzen) ist eine sofortige und fachgerechte Schmerztherapie das Mittel der Wahl. In der Regel werden diese Patienten zur Langzeitbetreuung in spezielle schmerztherapeutische Einrichtungen verwiesen. Wegen der Gefahr einer häufig sehr rasch eintretenden Chronifizierung (die Schmerzchronifizierung kann auf Grund der Neuroplastizität des zentralen Nervensystems, im Prinzip bereits innerhalb von Minuten gebahnt werden) obliegt es jedoch auch dem versiert ausgebildeten Zahnarzt, solche, aber auch akut oder subakut auftretende Schmerzen im Rahmen einer Soforttherapie zu lindern. Das richtige Wissen vorausgesetzt, kann der Zahnarzt mit einer Auswahl von wenigen nichtmedikamentösen und medikamentösen Therapien oder unter Anwendung der Therapeutischen Lokalanästhesie (TLA) sehr rasch zur Linderung derartiger Schmerzzustände beitragen.

Bei akuten nozizeptiven (peripheren) Schmerzen sind die NSAR nach wie vor die Mittel der ersten Wahl. Bei kurzfristiger Einnahme ohne bestehende Schleimhautprobleme im Magen-Darm-Bereich kann auf kombiniert wirksame Cox-1-Cox-2- Hemmer zurückgegriffen werden. Bei Präparaten aus dem Propionsäurebereich (Ibuprofen) können besonders die Präparate mit Dexibuprofen (zum Beispiel Deltaran®) auf Grund des raschen Wirkungseintritts und der minimierten Nebenwirkungen empfohlen werden. Bestehen Blutungsneigungen oder Magen-Darm-Probleme, sind selektiv wirksame Cox-2-Hemmer mit den Wirksstoffen Celecoxib oder Rofecoxib vorzuziehen (Celebrex® oder Vioxx®). Zu beachten ist, dass der Wirkungseintritt nicht ganz so schnell erfolgt wie bei den Cox 1 - Hemmern. Dieser Nachteil kann allerdings durch entsprechende Dosiserhöhung (Vioxx® dolor 50 mg) oder durch parenterale Gaben (zum Beispiel Dynastat®) reduziert werden. Vioxx dolor® ist im übrigen das derzeit einzige Cox-2 -Präparat mit einer offiziellen Zulassung auch bei akuten Schmerzen. Gerade zur präoperativen Konditionierung reicht die Gabe wenige Stunden vor dem operativen Eingriff aus, um Schmerzen wirkungsvoll zu unterdrücken. Bei renal bedingten kardiovaskulären Problemen ist der Langzeiteinsatz sowohl der Cox-1- Hemmer als auch der Cox-2- Hemmer kritisch zu überdenken.

Ein besonders effektiver analgetischer Wirkstoff für den Bereich der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde ist Flupirtin (zum Beispiel Katadolon®). Dieses zentral wirksame Schmerzmittel wirkt im Spinalbereich über eine selektive Öffnung von bestimmten Kaliumkanälen an der Membranoberfläche der den Primärafferenzen nachgeschalteten Neurone (Wide-Dynamic-Range-Neurone - WDR) und erzeugt durch Stabilisierung des Ruhemembranpotenzials einen indirekten hemmenden Einfluss auf die sogenannten NMDA-Rezeptoren. Diese GABA-ergen Rezeptoren sind maßgeblich zuständig für die Überleitung afferenter Reize aus der Peripherie auf die WDR-Neurone. Es kommt dadurch zur Hemmung einlaufender Schmerzreize und damit zur Schmerzunterdrückung auf spinaler Ebene.

Über diesen Mechanismus erfolgt zusätzlich eine Beeinflussung des Schmerzgedächtnisses. Da die Plastizität neuronaler Funktionen durch Induktion intrazellulärer Prozesse (zum Beispiel Rezeptorvermehrung an der Membranoberfläche durch Genexpression) unter wesentlicher Beteiligung des NMDA-Rezeptors grundsätzlich die Antwort auf nachfolgend eintreffende neuronale Impulse aus der Peripherie verstärken kann (Bahnung oder Wind-up), wirkt Flupirtin gleichzeitig gegen Chronifizierungsprozesse. Darüber hinaus kommt es auch zur Hemmung der Erregungsüberleitung auf Motoneurone und damit zu muskelrelaxierenden Effekten. Als Hauptindikation in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde kann deshalb besonders der Bereich der kraniomandibulären Dysregulationen (CMD) mit massiven Myalgien gelten. Der Wirkungseintritt von Flupirtin wurde zum Teil innerhalb von 30 Minuten beobachtet, so dass von einer raschen Schmerzlinderung bei gleichzeitiger muskelrelaxierender Wirkung ausgegangen werden kann. Als Nebenwirkung werden hauptsächlich Müdigkeit (15 %) besonders zu Therapiebeginn, seltener Schwindel, Verdauungsprobleme oder Kopfschmerzen (<10%) beobachtet. Da der Abbau des Wirkstoffs über die Leber erfolgt, sollte bei vorgeschädigter oder geschwächter Leber der Einsatz kritisch überdacht werden.
Der Wirkstoff Tolperison (zum Beispiel Mydocalm®) mit seiner schmerzunterdrückenden und ebenfalls muskelrelaxierenden Wirkung ist für den Einsatzbereich bei CMD ebenfalls geeignet, auch wenn hier der Wirkungseintritt nicht so rasch erfolgt

Tolperison blockiert spannungsabhängige Natriumionen-Kanäle, deren Expression durch den Zellkörper afferenter Neurone erst durch anhaltende nozizeptive Reizung erfolgt und die entlang der Axone in die zentralen und peripheren Axonterminalen transportiert werden. Über den verminderten Natriumeinstrom wird die Übererregbarkeit im gesamten Schmerzleitungssystem nachhaltig gedämpft. Durch Wirkansatz bereits am Nozizeptor wird der Patient gegen periphere Schmerzreize abgeschirmt. Zusätzlich wird die Reflex-Überaktivität auf spinaler Ebene gehemmt. Ähnliche Effekte werden bei der Lokalanästhesie in größerem Ausmaß an den physiologischerweise existierenden Natriumionen-Kanälen erzeugt (vollständige Anästhesie im Bereich der Injektion). Als Nebenwirkungen des Wirkstoffs Tolperison sind gelegentlich Schwindel, Mundtrockenheit, Magenbeschwerden und Muskelschwäche zu beobachten (Cave bei Myasthenia gravis).
Bei stärksten Schmerzzuständen sollte auch an den Einsatz von Medikamenten aus dem Bereich der Opioide gedacht werden. Besonders geeignet sind hier sicherlich frei rezeptierbare Präparate wie Tramadol oder Tilidin-Naloxon in retardierter Form (zum Beispiel Tramagid® retard oder Valoron N® retard). Opioide besetzen spezifische Opioid-Rezeptoren (zum Beispiel die -Rezeptoren, -Rezeptoren, -Rezeptoren und -Rezeptoren) im Bereich der Synapsen und verhindern dadurch die schmerziniziierende Freisetzung der Neurotransmitter Glutamat und Substanz P. Die Indikation ist hier sorgfältig zu stellen, darf aber, wenn diese Substanzen benötigt werden, nicht zu lange hinausgezögert werden. Hier sollte die gemeinsame Behandlung mit einer schmerztherapeutischen Einrichtung gesucht werden

Opioid-Präparate werden grundsätzlich nicht nach Bedarf eingenommen sondern nach einem exakt vom Therapeuten festgelegten individuellen Zeitplan. Dadurch wird das Suchtpotenzial sicher vermieden. Für jedes Präparat liegen Angaben zur empfohlenen Startdosis vor. In aller Regel wird diese Initialdosis bei unzureichender Wirkung in einem Intervall von 2 bis 3 Tagen bis zum Wirkungseintritt erhöht. Opioide zeigen zwar keinerlei Organtoxizität, weisen aber Nebenwirkungen auf, die es zusätzlich zu beherrschen gilt. Neben Müdigkeit und Übelkeit ist hier vor allem die grundsätzlich auftretende Obstipation zu nennen. Bei Atem- und Kreislaufdepressionen ist besondere Vorsicht geboten.

Neben den eigentlichen Analgetika haben sich in der Schmerztherapie auch Medikamente bewährt, die ursprünglich primär bei anderen Indikationen eingesetzt wurden, zum Beispiel zur Therapie epileptischer Anfälle oder bei Depressionen. Dabei konnte immer wieder beobachtet werden, dass neben der angestrebten Hauptwirkung gleichzeitig eine nicht unerhebliche und oftmals willkommene Reduktion von chronischen Schmerzzuständen aufgetreten ist. Die analgetischen Wirkmechanismen sind mittlerweile auf molekularbiologischer Ebene größtenteils geklärt. Als derartige Co-Therapeutika haben sich bei neuropathischen Schmerzen im Bereich der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde u.a. auch Medikamente aus der Gruppe der Antikonvusliva (Antiepileptika) bewährt. Sie zeigen eine membranstabilisierende Wirkung, unterbinden über diesen Effekt ektope Impulse aus sensibilisierten Arealen und hemmen damit die neuronale Überaktivität sowie eine posttetanische Potentierung. Auf molekularbiologischer Ebene wird die neuronale Erregungsausbreitung durch eine GABAerge Wirkung reduziert. Es kommt erwiesenermaßen zur spezifischen Blockade schnellfeuernder, spannungsabhängiger Natriumkanäle und zur Blockade spannungsabhängiger Calciumkanäle mit vermindertem Ca++-Influx. Dieser Effekt reduziert die neuronale elektrische Erregbarkeit afferenter Neurone bereits präsynaptisch. Die zusätzliche Hemmung der Glutamat-gesteuerten exzitatorischen Transmission an NMDA-, AMPA- und Kainatrezeptoren im Bereich der spinalen Interneurone (WDR) führt postsynaptisch zu denselben Effekten. Bei Neuralgien und neuropathischen Schmerzen im Zahn-, Mund- und Kieferbereich hat sich aus der Gruppe der Antikonvulsiva neben Carbamazepin (zum Beispiel Tegretal®) vor allem der Wirkstoff Gabapentin (zum Beispiel Neurontin®) bestens bewährt, weil er weniger Nebenwirkungen hat. Die Dosierung erfolgt einschleichend. Die Patienten sind auf die möglichen Nebenwirkungen aufmerksam zu machen (Müdigkeit, Schwindel, Kopfschmerz, Übelkeit, Nervosität). Diese Antikonvulsiva dürfen bei Pankreatitiden nicht verwendet werden. Eine regelmäßige Kontrolle des Plasmaspiegels und des Blutbildes wird empfohlen.

Weil der Leidensdruck bei länger bestehenden Schmerzuständen zwangsläufig zu einer Mitbeteiligung der psychischen Gesamtkonstitution führt oder psychische Alterationen bei bestimmten Patientengruppen oder Lebensumständen (zum Beispiel ältere Patienten, Einsamkeit, Trauer, Verlust von Angehörigen, Trennung) primär verstärkende Causa chronischer Algesien sein können, muss immer auch der Einsatz von Psychopharmaka, entweder isoliert oder als Co-Therapeutika in Erwägung gezogen werden. Trizyklische Antidepressiva sind hier die Mittel der Wahl. Diese Mittel führen auch zu einer Schmerzdistanzierung, das heißt, der Schmerz verliert den dominierenden Charakter für den Patienten. Der Zahnarzt sollte diese Medikamente allerdings grundsätzlich nur in direkter Absprache mit dem Hausarzt verordnen (Rezeptempfehlung an den Hausarzt). Langzeitmedikationen erfordern hier unbedingt eine engmaschige Kontrolle verschiedener Laborparameter.

Bei den trizyklischen Antidepressiva (TCA) auf Basis der Wirkstoffgruppen Amitryptilin (zum Beispiel Saroten®), Clomipramin (zum Beispiel Anafranil®) werden neben einer Beeinflussung der affektiven Schmerzwahrnehmung auch direkte analgetische Effekte diskutiert. Die Wirkung erfolgt über eine Blockade der Wiederaufnahme (Reuptake) monoaminerger schmerzhemmender Neurotransmitter (Noradrenalin, 5 HT). Durch die auf diese Weise induzierte Konzentrationserhöhung dieser Transmitter im ZNS wird die körpereigene deszendierende Schmerzhemmung verstärkt. Außerdem zeigen die TCA eine lokalanästhetische Wirkung, indem spannungsabhängige Natriumkanäle blockiert werden. Darüber hinaus kommt es in unterschiedlichem Ausmaß zur Blockade von cholinergen, -adrenergen und histaminergen Rezeptoren sowie NMDA-Rezeptoren. Eine analgetische Wirkung wird bereits bei niedrigen Dosierungen erreicht, die selbst noch keine antidepressive Wirkung zeigen. Der Wirkungseintritt erfolgt allerdings häufig erst nach 2 bis 4 Wochen. Dieser Sachverhalt sollte den Patienten dringend erklärt werden, weil sonst möglicherweise die Compliance unzureichend ist. Die Dosierung sollte einschleichend, eine erforderliche Dosiserhöhung nicht zu rasch (nicht vor einer Woche) erfolgen. Die möglichen Nebenwirkungen erklären sich aus den vielfältigen Affinitäten zu den unterschiedlichsten Rezeptoren. So treten neben Müdigkeit (H1-Rezeptor) vor allem anticholinerge Reaktionen auf (Obstipation, Miktionsstörungen, Mundtrockenheit, Mydriasis), kardiovaskuläre Störungen (-1-Rezeptor, Natriumkanäle) sowie Appetitsteigerung und Gewichtszunahme (5HT2A-Rezeptor). Der Wirkstoff Mirtazapin (Remergil®) ist ein spezifisches noradrenerges und serotonerges Antidepressivum (NaSSA) und weist als Alternative zu den klassischen TCA auf Grund der verminderten anticholinergen Wirkung wesentlich weniger Nebenwirkungen auf.
Da Angstzustände oder die Angst vor Schmerzen die Schmerzwahrnehmung negativ beeinflussen können und über Muskelverspannungen (Hartspann, Myogelosen) durch zusätzliche Reizung des nozizeptiven Systems zur Schmerzverstärkung führen können, sollten in derartigen Fällen der additive Einsatz von Tranquilizern (zum Beispiel Valium®) in Erwägung gezogen werden. Auch im Rahmen der Schmerzprophylaxe können diese Substanzen eingesetzt werden.

Zum Schluss soll auch auf die hervorragenden Möglichkeiten der therapeutischen Lokalanästhesie hingewiesen werden (TLA). Dabei werden Schlüsselstellen des Nervleitungssystems (zum Beispiel Ggl. pterygopalatinum) durch Injektion von langwirksamen Lokalanästhetika (zum Beispiel Bubivacain = Carbostesin® oder Ropivacain = Naropin®) anästhesiert. Da die Wirkung bei richtiger Injektionstechnik durch vollständige Blockade der Na-Kanäle sofort eintritt und für mehrere Stunden anhält, kann einer Schmerzchronifizierung entgegengewirkt und den Patienten eine Erholungspause von ihren Schmerzen verschafft werden. Die Technik der therapeutischen Lokalanästhesie sollte allerdings nur unter der Voraussetzung einer vorhandenen Notfall- und Reanimationsausrüstung durchgeführt werden.
Es gibt also auch für die Zahnarztpraxis ein breit gefächertes Spektrum von therapeutischen Maßnahmen, die den Zahnarzt in die Lage versetzen, auftretende oder bereits bestehende Schmerzzustände wirkungsvoll und kompetent zu lindern. Voraussetzung für die fachgerechte Anwendung dieser Verfahren ist eine profunde Ausbildung in Anamnese, Diagnostik und Therapie akuter und chronischer Schmerzen unter Berücksichtigung wesentlicher Grundlagen der Anatomie, Physiologie und Pathophysiologie des Schmerzes. Die Deutsche Akademie für Ganzheitliche Schmerztherapie e.V. bietet solche qualifizierten Ausbildungen auch für Zahnärztinnen und Zahnärzte an.

Summary: The use of analgesic drugs is an essential part of a wide range pain treatment. The different possibilities of treating pain by using drugs are shown, especially in dentistry.

Anschrift des Verfassers

Hardy Gaus / Zahnarzt
Vorstandsmitglied der DAGST
Kirchstr. 15
72479 Strassberg
Hardy.Gaus@akupunktur-arzt.de